Vortrag von Richard Rohr zum Bibel-Buch „Ins Herz Geschrieben - Die Weisheit der Bibel als spiritueller Weg“
von Klaus Muik
Richard Rohr OFM, der Österreichischen Männerwelt bestens bekannte spirituelle Lehrer und Bestsellerautor aus New Mexico, USA hielt am 3. Juni in Wien einen Vortrag zu seinem neuesten Bibel-Buch.
Bereits sein erstes Bibel-Titel „Das entfesselte Buch – Eine Einführung in die Bibel“, verschaffte Richard Rohr internationales Ansehen als Bibelexperte.
Beim Vortrag in Wien verfolgen 280 Bibelinteressierte Menschen die 90 minütigen Ausführungen von Richard Rohr, im Festsaal des Kloster Mater Salvatoris, im 7. Wiener Gemeindebezirk.
In sehr klaren und griffigen Worten, wies Rohr darauf hin, wie wichtig für uns das Studium der Bibel und zwar in einer von Kopf und Herz verbundenen Haltung ist.
Das Eintauchen in die Erforschung der Bibel aus dieser Haltung heraus führt uns unmittelbar auch auf einen eigenständigen, spirituellen Weg. Dabei darf man sich nicht von den in der Bibel sich scheinbar widersprechenden Inhalten und deren Paradoxien abschrecken lassen.
Führt uns ja nach Richard Rohr gerade das Paradoxe auch heraus aus dem dualen Denken, welches bei der Lösung von Problemen und Konflikten einfach kurz greift und nur das „entweder – oder Denken“ kennt aber nicht ein „sowohl als auch“.
Die Bibel hält noch immer und gerade jetzt, wo die Menschheit gezwungen ist ihr Denken und ihre Einstellung unserem Planeten gegenüber möglichst kurzfristig zu ändern und verantwortungsvolles Handeln gefragt ist, die wesentlichsten Fragen und Antworten für uns bereit.
Rohr wies darauf hin, wie wichtig es ist, einen kontemplativen Lebensweg zu führen. Durch gelebte Kontemplation, die sowohl Gebet als auch Meditation sein kann, wird es möglich sich immer wieder auf das Wesentliche auszurichten und man läuft nicht in so hohem Maße Gefahr, dauerhaft das eigene Ego zu leben, welches bekanntlich niemals zu stillen ist.
Für sehr wichtig hält Richard Rohr auch eine Balance zwischen Aktion (dem Handeln) und der darauf folgenden Kontemplation im spirituellen Leben herzustellen. Betont man nur das Eine oder das Andere, führt dies allzu oft in Sackgassen auf dem eigenen Lebensweg.
Ganz und gar in die Erfahrung der Aktion zu gelangen, sich in die Umstände hineinzubegeben und diese danach über die Kontemplation auch entsprechend zu verarbeiten hat sich für Rohr als eine ausbalancierte Lebenshaltung erwiesen. In seinem 1986 gegründeten „Centrum for Action and Contemplation“ in Albuquerque, New Mexico ist diese Haltung auch eine gelebte Praxis.
Rohr betonte bei seinem Vortrag auch, dass es im Leben oft nicht die richtige Lösungsstrategie ist, sich gegen etwas zu wenden, es zu bekämpfen, seine Energie „dagegen“ zu richten. Die Gefahr durch das sich dagegen Stemmen, genau dem ähnlich zu werden, das man vermeintlich bekämpfen möchte, ist nur allzu groß. Viele Beispiele bezeugen dies.
Auch Franz von Assisi (Richard Rohr ist Franziskaner), war in seiner Zeit ganz und gar nicht mit dem Verhalten der damaligen Kirche einverstanden. Er trat jedoch nicht aus dieser aus, sondern transformierte die Kirche seiner Zeit von innen her, indem er seine Energie rein dafür verwendete es anders, besser zu machen, einen eigenen Weg einzuschlagen und die Energie dafür zu verwenden diesen voll und authentisch zu leben.
Die Frage nach dem Sinn des Leidens, welche im Vortrag thematisiert und auch anschließenden als Frage aus dem Publikum gestellt wurde, beantwortete Richard Rohr damit, dass neben einer wirklich großen Liebe nur mehr ein massiver Kontrollverlust und das damit einhergehende Leiden uns aus unserer Ego herauszuführen vermag.
Erst dadurch wird eine wirkliche, tiefgreifendere Transformation möglich und unser wahres Selbst kann in Erscheinung treten. Dieses „wahre Selbst“ steht immer „in Beziehung“, woran man es leicht erkennen kann. Das Ego hingegen, will alles aus sich heraus schaffen und kontrollieren. Es stemmt sich vehement gegen Veränderungen und führt damit oft auch geradewegs in die Erstarrung.
Richard Rohr stellte zurückblickend auf seine gut 28igjährige Erfahrung als spiritueller Lehrer und Vortragender fest, dass die westliche Kultur leider nur allzu oft die Auseinandersetzung mit dem Tod bis an das Ende des Lebens verschiebt. Werden Menschen dann plötzlich mit einem großen Leiden, einer schweren Krankheit oder mit dem nahen, eigenen Tod konfrontiert, sind diese damit meist extrem überfordert. Die Frage nach dem Sinn eines solchen Leidens mag dann ganz und gar nicht mehr erfassbar sein.
Rohr: „Unsere Kultur verabsäumt es schon zu einem viel früheren Zeitpunkt im Leben einen spirituellen Weg einzuschlagen und das Loslassen im Kleinen wie im Großen rechtzeitig einzuüben. Das finale Loslassen fordert schlussendlich der Tod von jeden von uns ein.“
Das neue Buch von Richard Rohr wird Anfang Oktober 2008 im Herder-Verlag erscheinen.
Veranstaltet wurde der Vortragsabend von der ARGE mannsein.at. www.mannsein.at